Kiel/Molfsee/Abu Dhabi. Bei den internationalen Special Olympics World Summer Games in Abu Dhabi und Dubai trumpfte eine Reiterin aus dem Raum Kiel groß auf. Inka Thun aus Molfsee ritt gleich zweimal zu Gold und einmal zu Silber. Acht Athleten aus Schleswig-Holstein gehörten zur 163 Sportler starken deutschen Delegation bei der weltweit größten inklusiven Sportveranstaltung. Knapp 7000 Teilnehmer aus 170 Nationen wetteiferten in den Vereinigten Emiratenum die Medaillen.
Die deutsche Delegation reiste mit etwas Vorlauf nach Dubai. „Dort hatten wir ein volles Programm. Timothy Shriver haben wir dort auch kennengelernt“, berichete Inka Thun auch vom Besuch in der deutschen Botschaft. Shriver ist der Weltpräsident der Special Olympics und Sohn der Gründerin Eunice Shriver, Schwester von John F. Kennedy. Sie hatte die Special Olympics im Jahr 1968 ins Leben gerufen, veranlasst durch die geistige Beeinträchtigung ihrer Schwester Rosemary Kennedy.
Alle Reitwettbewerbe waren in Abu Dhabi angesetzt. „Die Eröffnungs- und die Abschlussfeier waren im Stadion in Zayed Sports City. In so einem großen Stadion war ich noch nie. Das war überwältigend“, begeisterte sich Thun. Geritten wurde im Reitsportcenter im Al Forsan Resort, vor einer nicht weniger überwältigenden Kulisse. In Kiel reitet Inka Thun ihren Holsteiner Imasing, den sie seit sechs Jahren besitzt. Über ihre Arbeit in der Stiftung Drachensee lernte die junge Reiterin Armin und Wibke Kinsvom Pferdesportzentrum Kiel kennen, die das Special Olympics Team der Reiter in Schleswig-Holstein trainieren. Seit 2012 reitet Inka Thunbei nationalen Wettbewerben mit. Im vergangenen Jahr gewann sie bei den nationalen Spielen in Kiel viermal Gold, womit sie sich auch für die Weltsommerspiele qualifiziert hatte. Ihr zehnjähriger Wallach reiste jedoch nicht mit: „Jeder Athlet hat ein Pferd zugeteilt bekommen. Dafür haben wir Reiter vorher bereits Profile abgegeben, wie groß und schwer wir sind und was für ein Pferd wir bevorzugen würden“, erklärt die Reiterin.

Vor den Wettbewerben konnten die Vierbeiner ausprobiert werden. „Mein Pferd war für mich echt ungewohnt. Von Imasing bin ich beim Springen gewohnt, dass ich vor dem Sprung noch mehr zureiten muss. Die zugeteilte Stute war schnell und hat dann noch von selbst vorher beschleunigt.“ Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit kam Thun mit dem temperamentvollen Schimmel zurecht, der „in der Dressur sehr schwer zu händeln war“. Vorher stand jedoch als erster Wettbewerb die Geschicklichkeit an. Die Reiter mussten einen Parcours mit mehreren Übungen auf Zeit absolvieren. Am Ende stand fest: Inka Thun war am schnellsten, Gold! „ Das war für mich echt überraschend, sogar mein Trainer hat mich vor lauter Glück in den Arm genommen.“ Am Tag darauf folgte das Springen. Auch in dieser Disziplin, geritten wurde ein Stilspringen, erreichte Thun die höchste Punktzahl und gewann ihre zweite Goldmedaille. Am dritten Tag war mit der Dressur Thuns letzte Prüfung dran war. Thun und ihre Stute landeten auf den Silberpodest.
Auf die Frage nach dem bewegendsten Moment für sie während der Special Olympics muss die 26-Jährige nicht lange überlegen: „Am tollsten fand ich, als ich zur Siegerehrung der Geschicklichkeit eingeritten bin. Mit der Einmarschmelodie, das war echt besonders. Und dann hat mir der Scheich die Medaille überreicht, das war echt toll.“ Diese Siegerehrung blieb die einzige zu Pferd, eine besondere Ausnahme, denn wegen des hohen Risikos sind die Medaillenübergaben bei den Special Olympics eigentlich zu Fuß.
Wenn sie nicht im Sattel sitzt, arbeitet Inka Thun im Kieler Institut für inklusive Bildung. Dort wird sie gerade zur Bildungsfachkraft qualifiziert. Dabei geht sie bereits an Hochschulen und hält Vorträge, um von ihrer Welt, ihrer Beeinträchtigung und ihrer Kindheit zu erzählen. Thun und ihre Zwillingsschwester kamen zwei Monate zu früh auf die Welt. „Wir bekamen zu wenig Sauerstoff und Nährstoffe.“ Bei einer Hirnblutung im Babyalter wurde ihr Sprachzentrum beeinträchtigt. „Das war als Kind aber bemerkbarer als jetzt“, so die Reiterin. Auch das Lernen fiel ihr schwer. In ihrer Ausbildung hat sie die bisherigen Module jedoch mit sehr guten Ergebnissen abgeschlossen.
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